Es waren einmal zwei Glocken. Lange Zeit hingen sie glücklich und zufrieden im Kirchturm eines Dorfes namens Volkersheim. Besonders an Sonn- und Feiertagen ließen sie voller Stolz ihren bezaubernden Klang ertönen.

Nun aber war die Zeit gekommen, dass sich für sie alles ändern sollte.

Schon lange hatten sie das Gemunkel der Gemäuer vernommen und auch die verdächtigen und zugleich bemitleidenden Blicke der kleinen Bronzeglocke bemerkt. Eines Tages war es soweit und ihr Schicksal besiegelt. Ihr letztes Stündlein würde schlagen.

 

„Sag mal ehrlich, gehören wir wirklich schon zum alten Eisen?“

„Altes Eisen? Die meinen wir sind so alt, wir gehören ins Museum!“

„Ich fasse es einfach nicht. Da schwingt man bis der Henkel glüht, reißt sich förmlich den Wolm auf und kaum kommen zwei Neugüsse daher – schwupps – ist man ausrangiert.“

„Ich habe gehört, die beiden sind so jung, bei denen glüht förmlich noch der Schlag.“

„Tja, da zählt wohl keine Berufserfahrung mehr. Heute sind die gerade mal aus der Klangschule und schon hängen sie in der Chefetage. Nicht mal die Tonleiter müssen die können. Ein Ton genügt, um ganz vorn mitzuschwingen.“

„Nun ja, bleiben wir fair, schließlich reichte bei uns auch der eine Ton.“

„Ja, aber nach so vielen Jahren sollte man meinen, dass die Anforderungen an eine solche Stelle gestiegen sind.“

 

Zur gleichen Zeit am Eingang des beschaulichen Dörfchens vernahm man andere Töne.

 

„Du sag mal, was gucken die denn alle so? Gucken die uns an?“

„Was? Keine Ahnung. Ist ja schön und gut hier auf dem Wagen, aber mich pickst gerade das Grünzeug in meinen Schlag.“

„Guck doch mal!“

„Lässt mich der bauschige Umbau eigentlich dick aussehen?“

„Die gucken uns an.“

„Was sagst du?“

„Die starren uns an. Meinst du, die versammeln sich hier alle unseretwegen?“

„Sei mal still und hör denen zu. Was reden die denn? Ah ja… Glockenumzug … schön rausgeputzt … sehen gut da auf dem Wagen aus … gespannt wie die klingen… - Klare Sache! Die sind wegen uns hier.“

„Was!? Wahnsinn! Mach doch mal Platz, ich kann ja gar nichts sehen. Warum darfst du eigentlich vorne stehen?“

„Wer zuerst kommt, platziert sich zuerst.“

„Warte mal - ich bin doch älter als du und war zuerst da!“

„Dann eben Größe vor Alter. Ist doch auch egal. Sieh nur, wie die sich über uns freuen.“

„Komisch diese Menschen und das alles nur, weil wir einen neuen Job annehmen?“

„Nun ja, wir setzen uns halt direkt an die Spitze. In solch einer Position schauen die Leute eben zu einem auf.“

 

Und so zogen die stolzen neuen Glocken samt der Festgesellschaft in Richtung Kirche. Als sie um die Ecke bogen begannen die alten Glocken zu läuten.

 

„Jetzt lassen die uns auch noch für diese Neugüsse arbeiten.“

„Pah! Pass auf, ich läute einfach schief… Mist! Klappt nicht.“

 

„Du hör mal, die beiden alten Glocken heißen uns willkommen.“

„Die sind sicher froh endlich in Rente gehen zu dürfen.“

„Warte, ich rufe ihnen zu: ‚Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude.’“

 

„Hörst du das? Eine der Neuen ruft was!“

 

„Ich ruf noch mal: ‚Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude.’“

 

„Ich kann sie verstehen.“

„Was sagt sie denn?“

„Wir sollen uns nicht fürchten. Sie verkündet uns Freude.“

„Freude? Was für Freude? Wir werden ausrangiert!“

„Mmm… wenn ich so darüber nachdenke… vielleicht sollten wir uns wirklich freuen.“

„Hä?“

„Wir machen diesen Job ja nun schon recht lange und mir brennt häufig echt die Krone.“

„Nun ja … wenn ich ehrlich bin, meine Haube dröhnt vom vielen Läuten auch immer öfter.“

„Na dann! Freuen wir uns doch darüber, dass wir aufhören dürfen, solange unsere Aufgabe uns noch Freude bereitet. Wie heißt es so schön: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.“

„Recht hast du. Die beiden scheinen auch schon ganz wild auf ihren neuen Job zu sein. Die werden das Geläut schon schaukeln. Ich denke wir können ihnen unsere Aufgabe mit ruhigem Gewissen überlassen.“

„Moment, da fällt mir ein: Wir landen jetzt im Museum!“

„Ach, das ist denke ich gar nicht so schlecht.“

„Warum?“

„Dort kommt bestimmt das ein oder andere Mal einer von den Menschen vorbei, denen wir Jahrzehnte lang so pflichtbewusst gedient haben und sie stets voller Klangfreude herbeigerufen haben.“

„Stimmt. Nun denn, geben wir noch einmal Alles. Sagen wir den Menschen hier Lebewohl und heißen unsere Nachfolger herzlich willkommen!“

 

So läuteten die beiden alten Glocken noch einmal voller Hingabe und hießen ihre Nachfolger willkommen. Die neuen Glocken aber freuten sich darüber so sehr, dass ihre Klöppel vor Freude vibrierten.

 

Und wenn der Klang der alten Glocken in den Ohren der Menschen nicht verklungen ist, so hören sie ihn noch heute.  

 

 

Den dritten "besondere Gottesdienst an besonderem Ort im Braunschweiger Ambergau" haben wir am Pfingstsonntag in Bodenstein gefeiert. Für einige schon eine gute Tradition, andere haben sich von etwas weiter her auf den Weg gemacht. Schön, dass so viele da waren und wir am Pfingsttag "alle an einem Ort beieinander" waren, wie es in der Apostelgeschichte heißt.

Die Bodensteiner und Mahlumer KonfirmandInnen wirkten mit zwei hervorragend vorgetragenen Pfingstszenen am Gottesdienst mit - danke Euch dafür!

Es war ein lebendiger Gottesdienst, der unsere Region ein bisschen weiter angenähert hat. Ein großes Dankeschön auch an den Bodensteiner Kirchenvorstand und alle weiteren HelferInnen (Konfirmandeneltern!) für Aufbau und Bewirtung. Denn nach dem Gottesdienst saßen alle noch in gemütlicher Runde bei Bratwurst und/oder Kaffee und Kuchen zusammen.

 

 

 

 

 

 

 

(Fotos: R. Schwerdtfeger, Bodenstein)