(Liedpredigt zu EG 136 - O komm du Geist der Wahrheit)

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde!

Alles Gute zum Geburtstag, liebe Kirche! Schön, dass es dich gibt!

Wer kann schon von sich sagen, dass er fast 2000 Jahre alt ist?

Wir sind heute hier, um dir zu gratulieren, liebe Kirche! Heute ist dein Geburtstag!

Entschuldige, dass wir nur so eine kleine Gesellschaft heute sind, du hast zwar eingeladen, aber, naja, weißt du ...

Das Wetter ist so schön heute. Ach und der Urlaub für dieses Wochenende war auch schon so lange geplant und eigentlich ... eine Geburtstagsfeier stelle ich mir auch anders vor.

Aber trotzdem: Schön, dass es dich gibt, liebe Kirche!

Wie schön, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst.

Ja, ohne dich, liebe Kirche würde uns ja doch etwas fehlen.

Das ist eben einfach beruhigend, den Kirchturm zu sehen, zu wissen, dass du da bist, wenn wir dich denn mal brauchen sollten.

Gut, dass muss jetzt nicht jeden Sonntag sein. An Weihnachten ist das schön, in die Kirche zu gehen, gehört eben einfach dazu.

Und ja, zum Heiraten brauche wir dich auch, für die Taufe unserer Kinder, für die Konfirmation.

Und, auch wenn wir nicht gerne daran denken, aber trotzdem: Beerdigung ohne Kirche geht auch nicht.

Ja, liebe Kirche, wir brauchen dich. Mal mehr, mal weniger.

Dein Geburtstagslied haben wir dir gerade gesungen:

„O komm, du Geist der Wahrheit, und kehre bei uns ein, verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein. Gieß aus dein heilig Feuer, rühr Herz und Lippen an, dass jeglicher getreuer den Herrn bekennen kann.“

Der Heilige Geist, der Geist der Wahrheit, gehört dazu.

Ohne den Heiligen Geist gäbe es dich nicht, liebe Kirche, und wir säßen heute nicht hier.

Damals bei deiner Geburt, am ersten Pfingstfest, hat der Heilige Geist die Menschen begeistert. Er war da, hat so viele Menschen bewegt, hat ihnen Kraft und Halt für ihr Leben gegeben. Da war auf einmal ein Gemeinschaftsgefühl, ein Wir-Gefühl, das einfach nur fröhlich gemacht hat.

Ansteckende Begeisterung.

Vergleichbar vielleicht am ehesten damit, was man heute im Fußballstadion erleben kann, im eigenen Fanblock, wo alle mit derselben Mannschaft mitfiebern, sich gemeinsam freuen, eben begeistert sind.

Nur dass das an diesem ersten Pfingstfest noch viel mehr war, die Begeisterung war nicht nach dem Spiel vorbei, sondern ging weiter, hat immer noch mehr Menschen erfasst und letztlich eben dazu geführt, dass es heute die christliche Kirche gibt, die in Deutschland soviel mehr Mitglieder hat als jede andere Organisation.

Aber: die aktive Begeisterung fehlt heute so oft. Wenn ich nochmal den Vergleich zum Sport ziehe: die meisten Mitglieder sind passive Mitglieder.

Da möchte ich rufen:

„O du, den unser größter Regent uns zugesagt: komm zu uns, werter Tröster, und mach uns unverzagt. Gib uns in dieser schlaffen und glaubensarmen Zeit die scharf geschliffnen Waffen der ersten Christenheit.“

Ja, liebe Kirche, du bist eben doch in die Jahre gekommen. Du bist müde geworden.

Wo sind die scharf geschliffnen Waffen der ersten Christenheit?

Einfacher gefragt: Was hatten die was wir nicht haben?

Auf jeden Fall: weniger. Radio, Fernsehen, Internet gab es nicht. Noch nicht einmal Bücher. Viele konkurrierende Freizeitangebote, zu viele manchmal: Auch nicht.

Das Wort Stress war noch nicht erfunden.

Aber das ist ein zu platter Vergleich von damals und heute. Das reicht nicht, um zu verstehen, warum die Kirchen heute leerer sind.

Martin Luther King hat einmal gesagt:

Die frühe Christenheit war dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht wie ein Thermometer gewirkt hätte, das die Verhältnisse der Zeit und Umgebung anzeigte, sondern wie ein Thermostat, der die Verhältnisse umwandelte.

Kann unsere Kirche heute noch Thermostat sein?

„Unglaub und Torheit brüsten sich frecher jetzt als je; darum musst du uns rüsten mit Waffen aus der Höh. Du musst uns Kraft verleihen, Geduld und Glaubenstreu und musst uns ganz befreien von aller Menschenscheu.“

Also: wir brauchen in der Kirche das, was uns von allen anderen unterscheidet:

Klare Rede.

Aufrichtigkeit.

Eine Gemeinschaft bilden, in der Einer den Anderen trägt.

Vor allem: Sich immer wieder die Kraft schenken lassen, die aus der Gemeinschaft mit Jesus erwächst.

Das sind die Waffen aus Höhe.

Das macht Kirche attraktiv und modern.

Denn damit sind unsere Sehnsüchte angesprochen: Sehnsucht nach Wahrheit, nach Ehrlichkeit, nach Gemeinschaft, nach Sinn im Leben.

Die Begeisterung kommt dann von ganz alleine.

Wenn ich nämlich diese Werte erfahre. Wenn ich erlebe, dass wir Christen anders miteinander umgehen, dann gibt mir das Kraft, dann will ich das weitergeben, davon erzählen, andere begeistern.

Das hält dich jung, liebe Kirche.

„Es gilt ein frei Geständnis in dieser unsrer Zeit, ein offenes Bekenntnis bei allem Widerstreit, trotz aller Feinde Toben, trotz allem Heidentum zu preisen und zu loben das Evangelium.“

Uns passiert doch nichts, wenn wir das tun. Die Zeiten, in denen Christen in unserem Land wegen ihres Glaubens in Gefahr waren, sind vorbei.

Warum also nicht davon erzählen, woran ich glaube.

Dafür muss ich mich nicht schämen, sondern ganz im Gegenteil: Ich freue mich darüber, zu einer Gemeinschaft zu gehören, die klar und aufrichtig ist, wo das ehrliche Wort zählt, wo ich dazu gehöre, weil ich bin wie ich bin. Eine Gemeinschaft, die meinem Leben einen Sinn gibt.

„O komm du Geist der Wahrheit, wir brauchen deinen Mut. Schenk Zuversicht und Klarheit, erhalte uns die Wut, auf Lüge und auf Schlamperei, auf träges Kirchentum. Erneure uns, mach uns frei und füll uns mit Begeisterung.

Du bist nicht gern gesehen, denn du bist unbequem, willst vieles nicht verstehen, es wäre angenehm, dich einfach weg zu lassen und nicht auf dich zu hörn. Das könnte uns so passen, du würdest nicht mehr störn.

O komm du Geist der Wahrheit, wir drehen uns im Kreis. Wir haben nicht mehr viel Zeit, wer denkt, der sieht und weiß: Wir haben den Planeten, den Gott uns anvertraut, mit Füßen oft getreten und seine Schätze abgebaut.

Du bist nicht weg zu denken aus Gottes neuer Welt. Du willst uns manches schenken, was uns ganz einfach fehlt. Schenk Augen, die das sehen, was wir gern übergehn und Ohren, die verstehen, von wo die Winde wehn.“

Und weil nicht alles in unserer Hand liegt, zum Schluss der Wunsch und die Bitte:

„Du Heilger Geist, bereite ein Pfingstfest nah und fern; mit deiner Kraft begleite das Zeugnis von dem Herrn. O öffne du die Herzen der Welt und uns den Mund, dass wir in Freud und Schmerzen das Heil ihr machen kund.“

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.