(Thema: "Komm herein"; Predigttext: Joh 10,9)

Schön, dass Ihr da seid! Gottes Gnade und sein Friede sei mit uns allen.

Liebe Gemeinde!

„Jesus Christus spricht: Ich bin die Tür.“

Haupteingang. So steht es auf einem Hinweisschild neben der großen Tür. Ich drücke die Klinke. Fehlanzeige. Die Tür bleibt zu. Komisch. Ich schaue mich um. Neben der Tür entdecke ich ein kleines Schild: Der Eingang ist auf der rechten Seite. Gut. Dann dahin. Eine kleine Tür. Sehr unscheinbar. Aber immerhin: Offen.
Ich gehe hindurch und sehe: erstmal nichts. Dunkler, kleiner Nebenraum einer Kirche. So hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt. Willkommen fühle ich mich hier nicht.

„Jesus Christus spricht: Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden.“

Voller Erwartung setze ich einen Schritt vor den anderen. Ich bin schon ganz gespannt, was noch zu sehen sein wird. Nur noch um diese eine Ecke und dann stehe ich davor. Stehe vor den Überresten dieser uralten Kirche. Eine der ersten Kirchen des Christentums. Paulus hat hier einst selbst gepredigt. Die Marienkirche in Ephesos. Sie muss einmal sehr beeindruckend gewesen sein, ihre Größe lässt sich noch ein wenig erahnen. Reste eines Marmorfußbodens. Trümmer aus weißem Sandstein. Einige Säulen wieder aufgerichtet. Über mir der Himmel. Unten von Gras und Moos überwucherte Steine. Nur wenig erinnert noch an eine Kirche. Trotzdem spüre ich sofort, dass ich hier auf ganz besonderem Boden stehe. Hier hat einmal alles begonnen. Hier wurden wichtige Weichen für unseren christlichen Glauben gestellt. Ein beeindruckendes Gefühl. Im wiederhergestellten Altarraum hängt ein ganz schlichtes Kreuz. Nur der Umriss eines Kreuzes aus Metall geformt. Ganz bescheiden. Und doch da. Gegenwärtig. Dies ist ein Ort, an dem schon so viele Menschen gebetet haben. Der einst Menschen Zuflucht geboten hat. Sichtbares Zeichen unseres Glaubens.

In den Trümmern geblieben: Die Säulen, zwischen denen einmal das Eingangsportal war und das Kreuz. Keine Tür mehr und doch erkennbar: Der Eingang in einen besonderen Raum.

„Jesus Christus spricht: Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden.“

Das Telefon klingelt. Es ist meine Freundin Elke. Wir haben uns schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen und verabreden uns. Ich setze mich ins Auto, fahre zu ihr und finde nach einigem Suchen einen Parkplatz. Auf mein Klingeln öffnet sie. Ich steige die Treppe zu ihr herauf, betrete die Wohnung, noch außer Atem, und schließe die Tür. Endlich da!
Wir begrüßen uns und nehmen uns erst mal in den Arm.
„Schön, dass du da bist!“, sagt Elke.

Sonntagmorgen. Die Glocken läuten. Sie rufen zum Gottesdienst. Also mache ich mich auf den Weg in die Kirche. Ich betrete den Raum, rieche die besondere Luft dort, spüre die besondere Atmosphäre. Vielleicht grüße ich noch jemanden, den ich kenne, und setze mich in die Bank. Die Glocken verklingen. Die Orgel setzt ein.
Langsam komme ich zur Ruhe.

Nach der Eingangsmusik spricht die Pfarrerin eine Begrüßung und ich fühle mich gleich willkommen. Ich höre: „Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Das heißt: „Schön, dass du da bist, Gott!“
Ich bin zu Besuch bei Gott.

Gemeinsam gehen wir ins Wohnzimmer und setzen uns hin.
„Wir haben uns ja schon lange nicht mehr gesehen“, meint Elke, und ich fange gleich an, mich zu entschuldigen, weil ich mich eine gefühlte Ewigkeit nicht bei ihr gemeldet und nichts von mir habe hören lassen. Früher, als wir noch studiert haben, war das ganz anders.
„Macht doch nichts“, sagt Elke, „ich weiß doch, dass du immer viel um die Ohren hast. Schön, dass es wenigstens jetzt geklappt hat.“
Es tut mir gut, dass sie das sagt, weil ich ihr dann nicht mit einem schlechten Gewissen gegenübersitzen muss. „Stimmt“, antworte ich. „Jetzt haben wir endlich mal wieder Zeit, miteinander zu reden.“

Mit den Menschen, die hier um mich herum sitzen, habe ich sonst gar nicht so viel zu tun, aber hier gehören wir zusammen, weil wir uns alle im Namen Gottes getroffen haben.
Im Kyriegebet und mit der Bitte: „Herr, erbarme dich“ bringen wir vor Gott, was uns jetzt noch von ihm trennt: alles, was uns noch beschäftigt, all die Momente, wo anderes wichtiger war als Gott oder alles das, was uns belastet, das Leben schwer macht.
Und die Pfarrerin antwortet mit dem Gnadenzuspruch: Sie versichert uns der Hilfe und der Liebe Gottes.

Es tut gut zu hören, dass Gott mich trotz meiner Fehler annimmt. Und jetzt, wo ich das weiß, kann ich mich ganz dem öffnen, was kommt. Erst jetzt bin ich richtig angekommen. Befreit singen wir ein Loblied: den Gloriagesang. Damit begrüßen wir Gott. Im Gebet machen wir uns dann bewusst, was wir von der Begegnung mit Gott erwarten.

Elke erzählt von der Geburt ihres Sohnes. Sie berichtet, wie sich das Leben verändert hat, jetzt wo sie nicht mehr zu zweit, sondern zu dritt sind, jetzt wo sie zu Hause ist und erst einmal nicht mehr arbeitet. Und ich erzähle, was mich gerade beschäftigt. Und während wir miteinander reden, verändert sich die Sicht auf so manches.

Jetzt steht die Bibel im Mittelpunkt, das Wort Gottes. Bei der Lesung wird daraus vorgelesen. In der Predigt erklärt die Pfarrerin den Text und holt ihn mit Beispielen in die Gegenwart.
Ich höre die Predigt und habe dabei meine ganz eigenen Gedanken. So bekommt der Text eine Bedeutung für mich und ich verstehe, dass er etwas mit meinem Leben zu tun hat.

Während wir noch zusammensitzen, dreht sich das Gespräch langsam um andere Leute, um gemeinsame Bekannte. „Was macht eigentlich Markus?“, „Hast du was von Christiane gehört?“
Irgendwann wird es für mich Zeit, wieder aufzubrechen und nach Hause zu fahren. Aber ich gehe nicht, ohne mit Elke einen Termin für unser nächstes Treffen ausgemacht zu haben, damit nicht wieder Monate verstreichen, bis wir uns wiedersehen.

Im Fürbittengebet richtet sich der Blick auf die Welt und die Menschen, die in ihr leben. Ihre Anliegen nehmen wir auf und bringen sie vor Gott.
Im Vaterunser fassen wir unsere Bitten zusammen.
Auch in den Abkündigungen kommt die Welt außerhalb und die Zeit nach dem Gottesdienst in den Blick.
Ich erfahre die nächsten Termine in der Gemeinde und höre von Veranstaltungen, auf denen man sich vielleicht in den kommenden Tagen wieder begegnen kann. Auch der Termin für den nächsten Gottesdienst wird bekanntgegeben.

Im Flur ziehe ich meinen Mantel an. Wir umarmen uns noch einmal und wünschen uns gegenseitig alles Gute. Als ich schon auf der Treppe bin, ruft Elke mir noch hinterher: „Komm gut nach Hause und ruf bei Gelegenheit mal an!“

„Gott segne dich und behüte dich“ – mit diesen Worten der Pfarrerin schließt der Gottesdienst.
In dem Bewusstsein, dass Gott auch mit mir geht, wenn ich die Kirche verlasse, gehe ich in den Sonntag und in die kommende Woche. Gottes Segen und gute Wünsche begleiten mich.

„Jesus Christus spricht: Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden.“

Wenn ich in den Gottesdienst gehe, bin ich zu Besuch bei Gott. Und das ist, wie wenn ich einen guten Freund besuche. Ich bringe das mit, was ich in der vergangenen Woche erlebt habe. Ich freue mich, in der Kirche nicht alleine zu sein, sondern mit Menschen zusammen zu sein, mit denen mich etwas Wichtiges verbindet: Wir besuchen gemeinsam Gott und wollen gemeinsam feiern, dass wir an Gott glauben und der Glaube uns sehr wichtig ist. Dazu ist jede und jeder eingeladen.

Auf der Karte, die Sie alle am Eingang bekommen haben, steht: „zuhause“.

Was bedeutet „zuhause“ für Sie? Wo fühlen Sie sich zuhause?

Zuhause ist ein Raum, in welchem der Mensch Sicherheit und Verlässlichkeit seines Daseins erfahren kann, sowie ein Ort tieferen Vertrauens.
Ein Ort, wo ich weiß, dass ich willkommen bin und spüre, dass es schön ist, das ich da bin. Wo es ganz selbstverständlich ist, dass ich dazu gehöre.

„Jesus Christus spricht: Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden.“

Wenn ich durch diese Tür eintrete, wenn ich durch die Tür des Glaubens eintrete und aus dem Besuch bei Gott eine Selbstverständlichkeit wird, ein mit Gott verbunden sein, immer und an jedem Tag: dann bin ich zuhause.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.