Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde!

Nun freut euch doch endlich. Es ist der vierte Advent. Morgen ist Heiliger Abend. Es hat inzwischen sogar schon wieder geschneit. Adventszeit ist Zeit der Freude. Also, jetzt bitte: Freut euch!

Das ist leider gar nicht so einfach. Ich habe keine Zeit, mich zu freuen. Da ist noch soviel, was vorbereitet werden muss: Es sind gerade mal so eben alle Geschenke besorgt, eingepackt natürlich noch nicht, Plätzchen wollte ich auch noch backen. Dann muss der Baum aufgestellt werden. Wie schmücken wir ihn eigentlich dieses Jahr? Ach ja, und: Was essen wir an Weihnachten? Hilfe! Das ist alles viel zu viel. Und dann soll ich mich auch noch freuen?

Uns Erwachsenen fällt diese Freude zunehmend schwer, weil ständig anderes in den Vordergrund tritt.

Doch trotzdem sind Sie, seid Ihr alle heute hier und nehmt euch diese Stunde Zeit.

Das ist fast eine Notbremse am Ende der Adventszeit. Einmal nicht darüber nachdenken, was noch alles zu tun ist, um das Fest besonders festlich zu machen. Stattdessen: Nachdenken über das, was an Weihnachten zu uns kommt. Das, was uns Grund zur Freude gibt.

Paulus hat einst an die Philipper geschrieben:

(Phil 4,4-7)

4 Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!
5 Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe!
6 Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden!
7 Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

So richtig wollte die Freude wohl damals schon nicht aufkommen. Anders lässt sich die mehrmalige Aufforderung zur Freude eigentlich nicht erklären. Versuchen wir, diesem Ausbleiben der Freude damals doch mal ein wenig auf die Spur zu kommen.

Jesus war bei den Menschen. Er hat als Mensch auf Erden gelebt und den Frieden auf Erden verkündigt. Er hat die Menschen damals spüren lassen, was es heißt, Gottes Liebe zu erfahren. Und er hat ihnen gezeigt, wie ein anderes, ein besseres Leben aussehen könnte. Das war eine von Hoffnung, von Euphorie und eben auch von starker Liebe geprägte Zeit. Freudenzeit.

Und nun? Als Paulus seine Zeilen schreibt, ist Alltag eingekehrt. Die Gemeinde in Philippi feiert regelmäßig Gottesdienste, erzählt sich Geschichten von Jesus. Lebt ihr Leben. Lebt vor sich hin. Die Hochstimmung der Gründungszeit ist verflogen. Freude ist leider nicht unbedingt immer langlebig.

Statt Freudenzeit nun eher Alltag, Routine, gewöhnliche Zeit. Jesus nicht mehr da. Wo ist da noch Grund zur Freude?

Paulus jedenfalls hat für sich eine Antwort darauf gefunden, was ihm Grund zur Freude gibt.

„Der Herr ist nahe!“
Das ist die Antwort, die Paulus den Menschen in Philippi weitergibt.

Der Herr ist nahe.

Und das ist die Nähe, die ich für mein Leben brauche. Das ist für mich Grund zur Freude und Ende aller Besorgnis.
Und deshalb kann ich auch den Menschen um mich herum ganz anders begegnen. Und ihr könnt das auch.

Soweit Paulus.
Er spricht von der spürbaren Nähe Gottes, die ihn froh, sorglos und menschenfreundlich macht.
Auch uns spricht er diese Nähe zu:

„Der Herr ist nahe!“

Heute, am Tag vor Weihnachten, ist doch eigentlich klar, was damit gemeint ist: Gott kommt auf die Erde. So werden wir es morgen feiern.

Gott wurde geboren. In Bethlehem.
Dort in der Krippe wurde der Herr der Welt einer von uns.

Einer, der weiß, dass das Stroh pikt und die Nacht kalt ist.
Einer, der unser Leben in allen Facetten von heiter bis wolkig, ja, bis schaurig und unwetterartig selbst erlebt hat.

Vom ersten Schrei bis zum letzten Atemzug. Und darüber hinaus.

Der Herr ist nahe, weil er an Weihnachten als Mensch geboren wurde.

Aber Paulus meint noch etwas anderes, wenn er den Philippern schreibt: Der Herr ist nahe.

Tatsächlich gab es das Weihnachtsfest zu seiner Zeit vermutlich noch gar nicht.

Viel wesentlicher ist für Paulus wie für viele Christen damals die Zuversicht: Der Gott, der als Mensch geboren wurde, unser Leben und unseren Tod teilte und als Erster unsere Auferstehung am eigenen Leib spürte, der wird wiederkommen.

Jesus Christus ist nicht nur ein einziges Mal auf dieser Erde gewesen, damals in Israel.
Damit ist die Geschichte mit Gott und den Menschen nicht zu Ende.

Er hat versprochen: Ich komme wieder.
Er ist der, der uns entgegen kommt.
Am Ende der Zeiten.
Auch am Ende unserer Zeit.

Wenn mein Weg ans Ende kommt, dann wird Jesus Christus da sein.

„Ich lebe mein Leben zwischen dem ersten Kommen Jesu Christi und seiner zweiten Ankunft auf dieser Welt. Sozusagen zwischen dem ersten Advent und dem zweiten Advent.“

Das ist für Paulus ganz klar.
Der Herr ist nahe, weil er wiederkommt, uns entgegen.

Doch trotzdem bleibt da eine Frage offen: Was ist mit der Mitte.
Jetzt bräuchte ich jemanden, der mir nahe ist.
Nicht nur Anfang und am Ende, sondern jeden Tag.

Auch wenn es Stress gibt in der Familie.
Oder wenn es bei der Arbeit nicht klappt.
Oder wenn mal wieder keiner da ist, der mir zuhört.

Und auch hier heißt die Antwort des Paulus: Der Herr ist nahe.
Das ist für ihn nicht nur so dahin gesagt. Dahinter steckt ganz viel Kraft und Lebensfreude. Paulus ist davon überzeugt, dass Christus wirklich jetzt, gerade in diesem Moment nahe ist.

Der Herr ist nahe. Auch dann, wenn mein Leben von Finsternis überschattet ist. Gerade dann, wenn ich keinen Ausweg mehr sehe. Ich kann mit ihm reden und ihm meine Sorgen und Ängste anvertrauen. Gott ist da. Ich kann zu ihm beten, ihn bitten und ihm danken.

Und das macht mich froh und frei. Denn ich kreise nicht mehr nur um mich selbst. Ich öffne meine Gedanken, gebe das, was mir Sorgen macht, ab an Gott. Werde wieder frei dafür zu sehen, was um mich herum passiert.

Ich höre die alten Weihnachtsmelodien. Ich rieche Äpfel, gebrannte Mandeln und Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Ich spüre, dass eine ganz besondere Stimmung in der Luft liegt.

Freut euch in dem Herrn allewege!
Auf einmal fällt das gar nicht mehr so schwer.

Der Herr ist nahe – jetzt!

Das ist nun wirklich Grund zur Freude.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.