(Predigttext Joh 17,20-26)

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde!

Ein Spaziergang am Meer. Ich blicke in die Ferne, weit hinaus über das Meer. Dorthin, wo das Blau des Himmels zu dem Blau des Wassers wird. Nur eine dünne Linie trennt sie voneinander und doch berühren sie sich. Himmel und Erde berühren sich im Meer. Je länger ich in die Ferne schaue, desto größer wird die Sehnsucht nach diesem Ort. Dem Ort, wo Himmel und Erde miteinander verschmelzen. Keine Trennung mehr. Der Himmel berührt das Meer, er berührt die Erde. Deutlich zu sehen, gar nicht mehr so weit weg.

Der Ort, an dem Himmel und Erde sich berühren, ist auf dieser Erde.

Himmel und Erde berühren sich. Das feiern wir an Himmelfahrt. Wir erinnern uns daran, dass Jesus zurück zum Vater gegangen ist. Das heißt: In diesem Moment war er noch als Mensch auf der Erde, im nächsten bei Gott im Himmel. Schwer vorstellbar, natürlich. Und erst recht nicht erklärbar. Das Geschehen von Himmelfahrt bleibt ein Wunder. Eine Glaubenswahrheit, die den Grund des christlichen Glaubens berührt: das Verhältnis Gott – Jesus.

Der Evangelist Johannes überliefert Worte Jesu, in denen er selbst über sein Miteinander mit Gott spricht:

„Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen eins seien und die Welt erkennen, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst.“

Ein sehr inniges Miteinander ist da beschrieben. Jesus und Gott-Vater sind eins. Sie durchdringen einander. Sie beschreiben unterschiedliche Seiten derselben, der einen Liebe.

Gott liebt uns als Vater, über uns, mächtig und tröstend. Er wacht über uns und hält seine Hand über uns. Zwar nicht sichtbar, aber doch immer da. Spürbar da. Zu ihm können wir immer wieder zurückkehren, wie das eben bei unseren Eltern auch ist. Auch wenn sie nicht in unserer Nähe sind, wissen wir doch, dass sie da sind, dass sie uns lieben.

Allerdings: Da kann die Distanz auch einmal sehr groß werden. Das Verhältnis zu einem schwierigen, wo wir nicht mehr zuerst und über allem Liebe spüren.

Darum Jesus.

Gott hat Jesus zu uns gesandt. Gott hat sich selbst zu uns gesandt.

Distanz überwunden. Gott liebt uns als unser Bruder, ganz nah bei uns, ansprechbar. Auf gleicher Augenhöhe.

Dass diese Liebe ein und dieselbe Liebe ist, feiern wir an Himmelfahrt. Gott für uns und Gott bei uns, gleichzeitig über und neben uns.

Die Liebe bleibt – das ist Himmelfahrt.

Himmel und Erde berühren sich in der Liebe. Die Liebe verbindet Himmel und Erde.

„Wenn Liebe bei uns einzieht, öffnet sich der Horizont. Wir fangen an zu leben, weil der Himmel bei uns wohnt.“

Die Liebe verbindet Himmel und Erde und die Liebe verbindet untereinander

Und diese Verbindung bleibt. Sie bleibt und sie hat ein Ziel, wie Johannes schreibt: Die Welt soll glauben und erkennen, dass Gott Jesus gesandt hat. Also: Die Welt soll erkennen, dass Gott sie liebt.

Wenn wir die Erinnerung an unsere größere Verbundenheit und an die bedingungslose Liebe unseres Schöpfers nicht zurückgewinnen, werden wir uns hier auf der Erde immer verloren fühlen.

Also: Es geht darum, dass die Welt von diesem Gott in Beziehung erfährt.

Die liebevolle Verbindung, die wir immer wieder erfahren dürfen, die uns mit unseren beschränkten Möglichkeiten ahnen lässt, wie eng und wie liebevoll die Beziehung zwischen Gott und seinem Sohn ist, diese Verbindung gilt es in die Welt zu tragen.

Das sollten wir stets vor Augen haben, wenn wir in unseren Gemeinden diskutieren über evangelisches Profil, über Stellenstreichungen oder Geldknappheit. Wir müssen mit den veränderten Realitäten leben – wie ja übrigens die Jünger damals auch – aber wir haben wirklich evangelisches, genauer evangeliumsgemäßes Profil nur, wenn in unserem Tun dieser Gott in Beziehung verkündigt wird.

Es macht eben etwas aus, wenn wir uns in der Gemeinde engagieren, nicht nur weil wir gefragt werden oder etwas für andere tun wollen, sondern weil in diesem Tun etwas von dieser Liebe Gottes spürbar wird.

Diese – vielleicht neue Blickrichtung – bedeutet nicht unbedingt mehr messbare Zahlen, deswegen kommen nicht unbedingt sofort mehr Menschen dazu, aber die Haltung derer, die dabei sind, verändert sich.

Wir verkündigen damit unseren liebenden und liebevollen Gott.

Und das geht nur, wenn wir eins sind.

Ein fast ungeheuerlicher Gedanke, denn das kann ja schnell zuviel sein an Beziehung.

Viele haben es ja nicht so mit dem Einssein, betonen gerne ihre Einmaligkeit, jeder Gedanke an Uniformität ist ihnen zuwider.

Christus in mir, ich in Gott, das ja, aber eins sein mit anderen, das eher nicht.

Doch das ist zu kurz gedacht, es braucht diesen dritten Schritt: Damit wir alle eins seien.

Der Sohn bleibt Sohn, der Vater bleibt Vater, und doch sind sie eins.

Ich bleibe ich und du bleibst du, doch können wir nur gemeinsam der Welt etwas zeigen von dem liebenden Gott.

Die Herrlichkeit Gottes verbindet uns; seine Liebe, und nicht gleiches Denken, Handeln oder Fühlen.

Deswegen noch einmal: Wenn wir die Erinnerung an unsere größere Verbundenheit und an die bedingungslose Liebe unseres Schöpfers nicht zurückgewinnen, werden wir uns hier auf der Erde immer verloren fühlen.

Nur wenn Himmel und Erde sich berühren in der Liebe, öffnet sich der Horizont. Dann fangen wir wirklich an zu leben, weil der Himmel bei uns wohnt.

Befreit und erlöst.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.